Fragen an die Künstlerin Tiziana Krüger

Ein Klischee besagt, dass Künstler*innen ungern über ihre Kunst sprechen. In unserer Reihe fragen wir sie trotzdem. Diesmal Tiziana Krüger. Lesezeit: 4 Minuten

Welchen Beruf hättest du in einem anderen Leben gerne ausgeübt?
Kulturanthropologie, obwohl ich denke, dass ich das auf eine Art in meiner Praxis auf sinnliche, gegenständliche Weise versuche auszuüben.

Welcher Kritik an deinen Arbeiten musstest du dich bisher stellen?
Dass es zu „designig“ ist. Ich habe einen Background in Kommunikationsdesign und mich dafür fast schon geschämt, da ich eben nicht eine klassische, akademische Ausbildung in der Bildhauerei durchlaufen habe. Heute sehe ich die Affinität für klare Formen und die Konzentration auf die Essenz des jeweiligen Materials als Stärke an.

Was war der beste Rat, der dir je gegeben wurde?
Sich nicht zu vergleichen.

Welchen Rat hast du ausgeschlagen?
Meine Skulpturen bunt zu gestalten.

Installationsansicht: Halt 21/7, 2024

Wo würdest du gerne mal ausstellen? 
Im Marta in Herford. Ich bin in Herford geboren und aufgewachsen. In der Schule sollten wir anlässlich der Eröffnung des Museums 2005 ein Papiermodell nach den Regeln von Frank Gehry entwerfen. Es wäre doch schön, wenn sich so der Kreis schließt. 

Du hast dein Studio in Berlin. Wie erlebst du die momentane Stimmung im Kulturbetrieb?
Die Einsparungen und Kürzungen des Kulturetats Berlins sind unfassbar beängstigend und demoralisieren. Unzählige Existenzen sind bedroht, Atelierräume sind gefährdet und die Diversität, für die Berlin steht, wird angegriffen. Ich selbst habe ein vom Berufsverband Bildender Künstler*innen Berlin gefördertes Atelier und bange um meinen Arbeitsraum, welcher die Grundlage meines Schaffens bildet. Künstler*innenhonorare in den kommunalen Galerien sollen komplett gestrichen werden und noch vieles mehr. Warum wird von freischaffenden Künstler*innen stets vorausgesetzt, dass umsonst gearbeitet werden soll? Wie kann es sein, dass wir Kulturschaffenden nicht für unseren Beitrag an der Gesellschaft entlohnt werden? Die derzeitige Entwicklung ist äußerst beunruhigend, dennoch rücken wir Künstler*innen zusammen, gehen auf die Straße, um zu demonstrieren und versuchen uns so gut es geht gegenseitig zu unterstützen. Und das wiederum ist eine wahre Stärke innerhalb der Berliner Kunst- und Kulturszene!

Installationsansicht: Aura Kunstraum, © Johannes Bendzulla, 2025

Du warst Teil des Projekts Halt 21/7. Was genau ist das?  
Halt 21/7 war ein Projektraum an der Schnittstelle von Kunst, Architektur und Design im öffentlichen Raum. Da ich mein Atelier in Alt-Mariendorf habe, bin ich oft an der leeren Vitrine im U-Bahnhof Alt-Mariendorf vorbeigekommen. Ich fand es schade, dass dieser Schauraum nicht genutzt wurde. Dabei bietet er doch unzählige Möglichkeiten der Gestaltung. Mich erinnerte es an eine Art Bühne, es fehlten also nur noch ihre Darstellenden…

Zusammen mit Helene Peters (Architektin), Anna Koppmann (Designerin) und Max Bilger (Architekt) haben wir der Vitrine neues Leben eingehaucht. Das begann mit einer umfangreichen Renovierung und schon während der Renovierungsarbeiten erweckten wir reges Interesse am U-Bahnhof. Und genau das war unser Hauptanliegen: die Kunst öffentlich und barrierefrei zugänglich zu machen und dadurch mit den Menschen in den Dialog zu treten. 

Installationsansicht: © Sabine Zoltnere, 2023

Wie war es, als Künstlerin auch Kuratorin zu sein?
Den Perspektivwechsel fand ich sehr spannend. Er ermöglichte mir, aus meiner eigenen Praxis auszubrechen und ganz frei mit den teilnehmenden Kreativschaffenden Konzepte zu entwickeln. Dadurch habe ich tatsächlich auch sehr viel für meine eigene Kunst mitgenommen.

Was hast du daraus gelernt?
Förderungen, Genehmigungen, Öffentlichkeitsarbeit – ganz unromantisch habe ich auf jeden Fall die bürokratische Seite, die es braucht, einen Projektraum aufzubauen, kennengelernt. Aber vor allem braucht es viele helfende Menschen, die an solche Projekte glauben, ihre Wichtigkeit verstehen und leidenschaftlich daran arbeiten, dass Berlin als Kulturhauptstadt nicht verzagt. 

(1) Studioansicht: soft-defence, 2020. (2) Installationsansicht: Zachęta National Art Gallery, Warsaw, PL, © Filip Preis, 2024.
(3) Studioansicht: apex, structure II, 2022. (4) Installationsansicht: Kunsthaus Essen, © Isabel Hernandez, 2024.

Portraitfoto: © Marlene Burz, 2023.

Instagram: @tiziana.kruger