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Fotografisches Selbstportrait der Künstlerin Sibylle Wagner

Fragen an die Künstlerin Sibylle Wagner

Ein Klischee besagt, dass Künstler*innen ungern über sich und ihre Kunstwerke sprechen. In unserer Reihe "Und du so?" fragen wir sie trotzdem. Diesmal mit Sibylle Wagner. Lesedauer: 3 min

Orinoqo von Sibylle Wagner, 120 x 200 cm (2009)
Foto: Sebastian Heck

Wie beschreibst du deine Kunst einem 5-jährigen Kind?
Ich mache Bilder, auf denen extra wenig zu sehen ist. So muss die*der Betrachter*in genau hinsehen und die eigene Vorstellungskraft bemühen. Dazu zählen beispielsweise Wünsche und Träume, aber auch Lieblingssachen. Oder es löst Erinnerungen an Erlebtes aus. Bilder sind Rätsel und Geheimnisse.

Was war neben deiner künstlerischen Tätigkeit der bemerkenswerteste (Neben-)Job, in dem du gearbeitet hast?
Vielleicht als Groupie eines Diskjockeys auf einer Fähre nach Schweden in den 70ern.

In welchen Momenten hast du es bereut, Künstlerin zu sein?
Wenn es mal richtig knapp war, aber Selbstständigkeit bedeutet auch, genau das durchzustehen!

Mit welchen drei Persönlichkeiten (tot oder lebend, real oder fiktiv) würdest du gerne zu Abend essen?
Antony Quinn, aber nicht nur zu einem Abendessen. Yohji Yamamoto, mit Sushi am Meer sitzend und geklonte Sibylle zur Henkersmahlzeit.

Sieht man dir an, dass du Künstlerin bist?
Eher nicht, denke ich. Aber da ich an Mode, Stoffen und Schnitten interessiert bin und selbst entwerfe, gehe ich auch meinen eigenen Weg. Farbspritzer habe ich aber nicht an den Schuhen. 

Von welchem Kunstwerk warst du das letzte Mal ergriffen?
Von vielen von Lee Ufan im Hamburger Bahnhof im November 2023: So pur, so radikal, so evident.

Welche Ausstellung fandest du zuletzt sehr gut?
„General Idea“ im Gropiusbau im November 2023: Die Ausstellung war so kritisch, so humorvoll, so imposant.

Wie erlebst du Neid in der Kunstszene?
Nie direkt, aber wenn sich die erste Frage in meinem Atelier auf die Miete bezieht, “Wie viel zahlst du hier?”, dann erahne ich so ein Gefühl. 

Ohne wen wärst du nicht da wo du bist?
Ohne viele Frauen, die mich in meiner künstlerischen Arbeit unterstützt haben.

Zu welcher Tageszeit kannst du am besten arbeiten?
Vormittags und während langer Autofahrten (!).

Frau mit Messer von Sibylle Wagner, Fotoprint & LiSaPlexi, 30 x 100 cm (2006)

Was war die lustigste Reaktion auf deine Kunst?
Die häufige Suche nach der Steckdose hinter meiner Licht-Malerei. Es gibt keine.

Welchen Beruf hättest du in einem anderen Leben gerne ausgeübt?
Einen kommunikativeren Beruf wie beispielsweise Reporterin oder Mäzenin.

Was hast du in letzter Zeit neu gelernt
Einerseits habe ich gelernt, noch geiziger mit meiner Zeit zu werden, andererseits weniger Erwartungen an menschliche Eigenschaften zu stellen.

Welcher Kritik an deinen Arbeiten musstest du dich bisher stellen?
Zu still, nicht groß genug, zu vielfältig.

Mit welcher Kunstrichtung kann man dich jagen?
„Jagen“ geht bei mir nicht, aber ich wende mich bei „nur ugly oder nur trashig“ ab.

Was war der beste Rat, der dir je gegeben wurde?
Dranbleiben, tiefer gehen.

Welchen Rat hast du ausgeschlagen?
Ein sogenanntes Markenzeichen zu kreieren.

Was hilft dir, dich zu entspannen?
Musik hören, aufräumen, lesen, tanzen, körperlich sein oder ins Kino gehen.

Welche Frage zu deinen Arbeiten kannst du nicht mehr hören?
Alle Fragen sind ok. Ich muss ja nicht auf alle antworten.

Lungenflügel von Sibylle Wagner bei einer ato-Aussstellung On/Off Berlin (2023)
Foto: Sebastian Heck

Lungenflügel von Sibylle Wagner, 40-teilige Arbeit, Maße variabel, 200 x 140 cm (1992)

Sibylle Wagner ist Malerin, Installations- und Performancekünstlerin. 1981 ließ sie sich als freischaffende Künstlerin in Karlsruhe nieder, wo sie die erste Karlsruher Produzentengalerie gründete. Bis 1986 arbeitete sie in einer Ateliergemeinschaft in Ettlingen, die sie ebenfalls gegründet hatte (heute Kunstverein Wilhelmshöhe Ettlingen e.V.). 1987 heiratete sie den Maler Lothar Quinte, mit dem sie von 1985 bis 1994 die Wintermonate in Indien verbrachte, um dort zu arbeiten. Merkmal ihres Arbeitens ist die Auseinandersetzung mit Licht und Transparenz. Ihre Materialien variieren, so sind in den letzten Jahrzehnten etliche „Lichtmalereien“ in Verbindung mit Plexiglas und/oder Röntgenaufnahmen, wie auch Installationen oder Bronzearbeiten entstanden. Sie lebt und arbeitet in Berlin und Wintzenbach.

www.ato.vision/sibylle-wagner